Weihnachtsgeschichte Es begab sich aber zu der Zeit...

Anne Kraushaar

Die Geschichte von der Geburt des Jesuskindes im Stall von Bethlehem hörst du gerade vielleicht ziemlich oft. Wer hat sie eigentlich geschrieben? Und was erfahren wir aus ihr über die Zeit, in der Jesus angeblich geboren wurde?

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Augustus ausging ...“. Wenn du in der Kirche sitzt und diese Worte hörst, dann ist Weihnachten so richtig da. Endlich! Vor etwa 2000 Jahren wurden sie von dem Evangelisten Lukas geschrieben. Und noch immer werden sie heute an Heiligabend vorgelesen. Christen auf der ganzen Welt glauben, dass Jesus, der Sohn Gottes, in einem Stall in der Stadt Bethlehem geboren wurde. Davon erzählt die Weihnachtsgeschichte, die du vielleicht schon mitsprechen kannst. Oder du hast mal im Krippenspiel mitgespielt, mit Maria, Josef, einer Babypuppe, Hirten, Engeln und den drei Königen, die Jesus ihren Besuch abstatteten. All diese Personen gehören für uns zu dieser Erzählung dazu. Aber wusstest du, dass die Könige in der Geschichte von Lukas gar nicht vorkommen?

Es gab nämlich noch jemanden, der im Neuen Testament über die Kindheit von Jesus geschrieben hat: der Evangelist Matthäus. Die Sterndeuter, die später zu Königen erklärt wurden, stammen ursprünglich aus seinem Evangelium. Lukas und Matthäus haben zwei recht unterschiedliche Weihnachtsgeschichten geschrieben. Wenn wir heute über Weihnachten sprechen, vermischen wir sie beide meist zu einer großen Erzählung.

Friede und Freude bei Lukas
In der Weihnachtsgeschichte von Lukas geht es sehr friedlich zu. Gut, okay, da ist der römische Kaiser Augustus, wegen dem sich die schwangere Maria auf nach Bethlehem machen muss. Und da sind die Menschen, die ihr und Josef keinen Einlass in ihre Herberge gewähren. Aber davon abgesehen liegt ein großer Friede über der Nacht, in der Jesus geboren wird. Die Hirten hüten ihre Schafe, und Jesus wird geboren und in eine Krippe gelegt. „Lukas erzählt mit ganz einfachen Worten von Jesu Geburt“, findet Dr. Rainer Kampling, der als Professor für Katholische Theologie (Religionswissenschaft) an der Freien Universität Berlin unterrichtet. „Nur als die Engel vom Himmel herabkommen, wird die Geschichte dramatisch.“ Aber dann verkündigen sie „eine große Freude“.

Drama und Aufregung bei Matthäus
Bei Matthäus geht es da schon holpriger zu! Jesus ist bereits ein Kleinkind, als ein besonderer Stern den Weisen aus dem Morgenland zeigt, dass ein neuer König geboren ist. Als sie nach Judäa kommen und dem König Herodes davon erzählen, wird dieser zornig. Er will doch der König der Juden sein! Darum befiehlt er den Weisen, Jesus für ihn zu finden. Doch Gott sagt ihnen im Traum, dass sie mit dem Kind nach Ägypten fliehen sollen. Aus Wut darüber lässt Herodes in Bethlehem alle Kinder unter zwei Jahren töten. Jesus aber ist zu diesem Zeitpunkt schon auf der Flucht.

Haben Lukas und Matthäus das alles erlebt?
Die Christen glauben, dass im Evangelium die Frohe Botschaft ihres Erlösers Jesus Christus steht. In der Bibel gibt es vier Evangelien: eines von Markus, eines von Matthäus, eines von Lukas und eines von Johannes. Ob die Männer wirklich so hießen, weiß man nicht. Fest steht nur: Keinervon ihnen hat Jesus gekannt oder getroffen. Was Lukas und Matthäus über Jesus berichteten, das wussten sie aus dem allerersten Evangelium von Markus, aus mündlich erzählten Geschichten und aus einer Sammlung von Jesus-Zitaten.Ob sich alles so zugetragen hat, wie Lukas und Matthäus es beschreiben, darüber diskutieren die Forscher bis heute. Aber es ging ihnen auch gar nicht darum, so zu schreiben wie in einem Geschichtsbuch. Vielmehr wollten sie mit ihren Erzählungen über Jesus viele Menschen berühren. „Geschichten haben ja oft auch einen wahren Kern“, sagt Professor Kampling.

Sah der Stall so aus wie die Krippe unterm Weihnachtsbaum?
„Das wissen wir nicht genau“, sagt Rainer Kampling. „Es gab damals verschiedene Unterschlüpfe für Tiere. Höhlen oder auch Orte, die mitten in den Wohnräumen der Menschen lagen. Vielleicht sah der Ort, in dem Jesus geboren worden sein soll, also eher so aus. Und seine Krippe könnte auch ein aus Stein gehauener Futtertrog gewesen sein.“

Waren die Hirten nachts immer bei ihrer Herde?
„Hirten waren damals nicht gut angesehen,“ sagt Kampling. „Man verdächtigte sie zu stehlen und war ihnen gegenüber sehr misstrauisch.“ Dabei war ihr Beruf so wichtig: „Damals gab es noch viele wilde Tiere in der Gegend, die heute Israel und Palästina ist. Löwen zum Beispiel. Die Hirten mussten also Tag und Nacht auf ihre Herde aufpassen.“ Nur als sie das Jesuskind aufsuchten, ließen sie sie allein: „Damit will Lukas zeigen, dass ein so großer Frieden über allem lag, dass man nicht mal mehr vor wilden Tieren Angst haben musste.“

Was war das für ein Stern am Himmel?
„Die Erforschung des Sterns über Bethlehem war für die Wissenschaft früherer Zeiten so wichtig wie heute die Erforschung schwarzer Löcher im All“, weiß Kampling. Manche dachten, es sei ein Komet gewesen, der am Himmel entlangzog. Andere gingen von einer Sternenexplosion aus. Heute meinen einige Wissenschaftler, dass sich die Planeten Saturn und Jupiter im All so nahe kamen, dass es von der Erde aus wirkte, als seien sie einziger leuchtender Planet. So eine Begegnung kommt nur alle 20 Jahre vor.“

Weise oder Könige?
Bei Matthäus sind es Magier oder Sterndeuter, die als Erste von Jesu Geburt erfahren. Dass sie Könige waren, heilig oder zu dritt, davon steht bei ihm nichts geschrieben. „Dazu hat man sie erst später erklärt“, erzählt Kampling, „um sie noch besonderer erscheinen lassen.“ Auch waren sie vermutlich mehr als drei. „Man ist auf diese Zahl gekommen, weil von den drei Geschenken berichtet wurde: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Außerdem standen sie für die drei damals bekannten Erdteile: Europa, Asien und Afrika.“