Jakob: Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrem Job?
Rufus Beck: Ich bin ziemlich ungebunden. Manche Leute arbeiten ja einfach jeden Tag von neun Uhr bis siebzehn Uhr. Aber bei mir ist es ganz unterschiedlich. Manchmal arbeite ich am Wochenende, oder es kann sein, dass ich zwei Monate durcharbeite und dann aber auch einen Monat freihabe. Ich bin sehr flexibel, das liebe ich, und ich bin gerne kreativ und erzähle Geschichten mit meinem Körper.
Wer in Deutschland Fan der Harry-Potter-Reihe ist, kommt an ihm kaum vorbei: Rufus Beck hat alle sieben Bände als Hörbücher eingesprochen und jeder Figur eine eigene Stimme verliehen. Marlon (10) und Jakob (11) haben ihn getroffen.
Marlon: Machen Sie ein bestimmtes Stimmtraining?
Rufus Beck: Hab ich ganz am Anfang mal versucht, aber es hat mich gelangweilt. Ich habe entdeckt, dass ich eine Stimme habe, die sehr gut mit dem Mikrofon funktioniert. Das Mikrofon verstärkt die Stimme, aber es verändert die Stimme auch ein bisschen. Nicht jeder klingt vor dem Mikrofon gut.
Jakob: Wie bereiten Sie sich auf eine Hörbuch-Aufnahme vor?
Rufus Beck: Ich lese mir natürlich das Buch durch. Aber ich habe ein bestimmtes Talent. Ich kann jeden Text mit einem Blick ziemlich schnell erfassen und weiß dann, um was es geht und wie ich das erzählen muss. Ich mach mir da keine großen Gedanken. Stimmen erfinden, wie bei Harry Potter, mach ich oft sehr spontan, und kann das dann auch wiederholen. Weil ich diese Figuren vor mir sehe und dann weiß, wie sie klingen.
Jakob: Das ist cool.
Marlon: Hatten Sie die Harry-Potter-Bücher vorher schon gelesen?
Rufus Beck: Nein. Die meisten Bände sind ja zeitgleich mit dem Hörbuch erschienen. Das heißt, ich bekam immer das Manuskript, also einen Stapel Blätter, noch bevor das Buch gedruckt wurde. Das lag dann höchstgeheim bei mir zu Hause.
Jakob: Wie lange dauert es, ein Harry-Potter-Hörbuch einzusprechen?
Rufus Beck: So lang, wie das Buch ist, oder wie dick das Buch ist. Eines der letzten Bücher hatte doch etwa 1000 Seiten.
Marlon: Das fünfte hatte so viel.
Rufus Beck: Ja genau. Wie heißt das fünfte noch mal?
Marlon: „Orden des Phönix“.
Rufus Beck: Genau. Da seht ihr, ich bin kein Harry-Potter-Experte. Ihr könntet mich wahrscheinlich locker in einem Quiz schlagen. Ich hab mich so darauf konzentriert, wie die Figuren klingen. Es sind ja ungefähr 70 Figuren. Übrigens, es gibt einen einzigen Dialekt, den ich nicht verwendet habe, und zwar den Schwäbischen. Den konnte ich nicht. Obwohl es da einige Figuren gab, die ganz gut zu den Schwaben gepasst hätten.
Marlon: Wie entscheiden Sie, wie welche Person klingen soll?
Rufus Beck: Aus dem Bauch heraus. Ich versuche mir vorzustellen, was das für ein Mensch ist. Bei Hermine zum Beispiel, man kennt doch so Schüler, die oft in der ersten Reihe sitzen, sich immer melden, zu jedem Thema was zu sagen haben, unheimlich ehrgeizig sind und einem auch ein bisschen auf die Nerven gehen. Da hab ich mich daran erinnert, wer das bei mir war, und die Person hab ich versucht nachzumachen.
Jakob: Was war besonders herausfordernd beim Aufnehmen der Harry-Potter-Hörbücher?
Rufus Beck: Wenn viel Zeit zwischen den Bänden vergangen ist. Ich hab in der Zwischenzeit ja andere Sachen gemacht, Theater, Filme und andere Hörbücher. Dann war es eine Herausforderung, sich noch mal daran zu erinnern, wie die Figuren klangen. Erst sehr spät hab ich ein Audio-Archiv gemacht, um mir die verschiedenen Stimmen und Akzente noch mal anhören zu können.
Jakob: Welche Szenen sprechen Sie am liebsten ein?
Rufus Beck: Ich mag sehr gerne Dialoge, also Gespräche. Weil da unterschiedliche Figuren vorkommen.
Marlon: Wie lange können Sie am Stück vorlesen?
Rufus Beck: Ich war manchmal acht Stunden im Studio. Also mit ganz kleinen Pausen, mal zehn Minuten. Heute mache ich das so nicht mehr, aber früher konnte ich das.
Rufus Beck hat mehr als 200 Hörbücher eingesprochen, darunter die deutschen Ausgaben der Harry-Potter-Romane. Er arbeitet auch als Synchronsprecher, zum Beispiel hat er Lord Farquaad in „Shrek“ seine Stimme geliehen. Außerdem ist der 66-Jährige als Schauspieler im Theater, in Film und Fernsehen zu sehen, zum Beispiel in „Die wilden Kerle“ oder als Zauberer Petrosilius Zwackelmann in „Der Räuber Hotzenplotz“. Für seine Arbeit wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.